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Berlin – 15. Dezember 2025

Was Mitochondrien über das Gehirn verraten

Internationale Forschende haben die Verteilung der Mitochondrien, der Energieproduzenten der Zellen, im Gehirn untersucht. Die Ergebnisse bieten neue Perspektiven auf die Organisation neuronaler Netzwerke und deren Leistungsfähigkeit.

Die Leistungsfähigkeit des Gehirns hängt nicht allein von seiner Verschaltung ab, sondern ebenso von der mikroskopischen Organisation seiner Energiesysteme. Bildnachweis: Paul Pfeiffer mit Daten des MICrONS Consortium dargestellt mit neuroglancer., Lizenz: CC-BY, Quelle: MICrONS Consortium

Beteiligte Bernstein Mitglieder: Paul Pfeiffer, Susanne Schreiber

Forschende der Humboldt-Universität zu Berlin und der Yale University haben untersucht, wie Mitochondrien, die Energieproduzenten der Zellen, im Gehirn verteilt sind. Ihre Ergebnisse eröffnen neue Perspektiven auf die Organisation neuronaler Netzwerke.

Die Kartierung des Gehirns erlebt derzeit einen gewaltigen Aufschwung. Dank Künstlicher Intelligenz und modernster Elektronenmikroskopie können Forschende die Nervennetze unterschiedlichster Tierarten – von Insekten bis zum Menschen – heute mit nie dagewesener Detailtiefe rekonstruieren. So entstehen aufwendige Connectome, das sind dreidimensionale Karten, die zeigen, wie tausende Nervenzellen miteinander verbunden sind.

Zellulärer Fingerabdruck

Eine nun in der Fachzeitschrift Science veröffentlichte Studie von Forschenden der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) und der Yale University (USA) richtet den Blick jedoch ins Innere dieser Netzwerke. Statt nur die Verschaltung zwischen Zellen zu betrachten, untersucht sie, wie die „Kraftwerke“ der Zelle, die Mitochondrien, innerhalb des neuronalen Geflechts verteilt sind.

Mitochondrien liefern Energie für nahezu alle Prozesse im Körper und übernehmen weit mehr Aufgaben als bislang angenommen: Sie beeinflussen die Signalübertragung zwischen Nervenzellen, steuern den Schlaf und entscheiden mit über Leben und Tod einer Zelle. Jede Nervenzelle enthält Hunderte dieser winzigen Organellen. Da das Gehirn besonders viel Energie verbraucht, kann ihre Anordnung entscheidende Hinweise auf die Arbeitsweise neuronaler Schaltkreise geben.

Das internationale Forschungsteam analysierte für seine Studie einen Elektronenmikroskopie-Datensatz des Fruchtfliegengehirns mit über 100.000 Mitochondrien – eine Datenmenge, die vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wäre – und entwickelte neue statistische Verfahren, um aus dieser Fülle biologische Strukturen zu erkennen. Ein überraschendes Ergebnis: Die Form der Mitochondrien wirkt wie ein zellulärer Fingerabdruck. Allein anhand ihrer äußeren Gestalt konnten die Forschenden vorhersagen, zu welchem Zelltyp die Organellen gehören und welchen Neurotransmitter, das sind biochemische Botenstoffe, die jeweilige Nervenzelle nutzt. Auch ihre Verteilung folgt klaren Regeln: Mitochondrien häufen sich in der Nähe von Synapsen, unterscheiden sich zwischen Zellbereichen und zeigen charakteristische Verteilungsmuster je nach Zellklasse.

Im Vergleich mit einem Maus-Connectom erwiesen sich viele dieser Prinzipien als erstaunlich ähnlich. Ein Detail aber unterscheidet beide Arten: Während Mitochondrien bei den Fruchtfliegen Abstand voneinander halten, bilden sie bei Mäusen Cluster – eine Beobachtung, die neue Fragen nach der funktionellen Bedeutung dieser Anordnung aufwirft.

Neue Erkenntnisse zur Leistungsfähigkeit des Gehirns

„Wenn wir Mitochondrien in die Analyse von Connectomen einbeziehen, sehen wir das Gehirn aus einem völlig neuen Blickwinkel“, sagt Susanne Schreiber von der Humboldt-Universität, die die Studie gemeinsam mit Damon Clark von der Yale University leitete. „Es geht nicht nur darum, welche Zellen verbunden sind, sondern auch darum, wie jede Zelle ihr Inneres organisiert, um diese Verbindungen zu ermöglichen und bestmöglich zu unterstützen.“

Die Studie schlägt eine Brücke zwischen Zellbiologie und Systemneurowissenschaften. Sie zeigt, dass die Leistungsfähigkeit des Gehirns nicht allein von seiner Verschaltung abhängt, sondern ebenso von der mikroskopischen Organisation seiner Energiesysteme. Die Analyse verdeutlicht, wie fein abgestimmt die Prozesse innerhalb von Zellen sind – ein Befund, der nahelegt, künftig auch andere Organellen in Connectomen zu untersuchen, um ihre Rolle für die Funktion neuronaler Schaltkreise zu verstehen.

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16. Dezember 2025/in Ausgewählter Aktuelles-Post für die Startseite /von Elena Reiriz Martinez

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Prof. Dr. rer. nat. Susanne Schreiber

Lebenswissenschaftliche Fakultät
Institut für Biologie
Theoretische Neurophysiologie
Humboldt-Universität

030 2093 98405
s.schreiber@rz.hu-berlin.de

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